Lieblingsessen und Leibgerichte

Lieblingsessen - gibt es nicht jeden Tag
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6 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Darf man sein Lieblingsessen essen, wenn man abnehmen möchte? Oder muss man eisern auf alles verzichten, sogar oder vielleicht gerade auf das, was einem am liebsten ist?

Sabienes fragt diese Woche, zur letzten Folge ihrer Blogparade, nach Leibspeisen. Unabhängig von der Frage, was alles als Leibspeise, Lieblingsessen oder Leibgericht in Frage kommt, kann man bezüglich der Frage, ob man es während des Abnehmens essen sollte, ja geteilter Meinung sein.

Die einen, die wahrscheinlich die Mehrheit darstellen, sind der Ansicht, dass man zum Abnehmen einen Ernährungsplan braucht, und dass man dann eben heroisch auf alles verzichten muss, was da nicht draufsteht. Das würde bedeuten, dass man seine Leibgerichte nie wieder essen könnte. Ein hoher Preis für die schlanke Linie.

Dabei ist es nicht nötig, ihn zu zahlen. Denn es ist garnicht nötig, auf alles zu verzichten. Diejenigen, die diese Meinung vertreten und danach leben, die nehmen vielleicht etwas langsamer ab, aber sie können ihr neues Gewicht hinterher besser halten, können besser schlank bleiben. Und sie dürfen (und sollen sogar!) auch ihre Lieblingsgerichte essen, damit einfach besser und genussvoller leben.

Wer also beschließt, lieber langsam und genussvoll abzunehmen und dementsprechend auch seine Leibgerichte zu essen, der muss natürlich erstmal herausfinden, welche das überhaupt sind. Für die meisten eine leichte Aufgabe, für manche aber erstaunlich schwer. Je länger die Diätkarriere schon andauert, umso tiefer verschüttet liegt das Wissen über die eigenen Vorlieben.

Woran erkennt man Leibgerichte?

Wenn man nach seinem Lieblingsessen gefragt wird, dann ist es oft garnicht so einfach, die Frage zu beantworten. Vielen geht es so, dass ihnen zuerst überhaupt nichts einfällt, nach einiger Überlegung dann aber ganz viele Gerichte. Sich wirklich für genau ein Lieblingsessen zu entscheiden, ist überraschend schwer.

Leibgerichte können alles mögliche sein, jeder Mensch kann und soll sein ganz persönliches Lieblingsessen haben. Allerdings haben Lieblingsessen die Eigenschaft, dass einem schon beim bloßen Gedanken daran das Wasser im Munde zusammenläuft. Schon die Vorstellung, dass es so etwas Tolles geben könnte, die ist begeisternd. Daraus folgt, dass es Lieblingsessen nicht jeden Tag geben darf, sonst hören sie auf, Lieblingsessen zu sein. Niemand begeistert sich für das Alltägliche. Es muss außergewöhnlich und selten sein, um sich den Superlativ zu verdienen.

Daraus ergibt sich natürlich eine Schwierigkeit. Heute ist im Prinzip alles jederzeit verfügbar. Was auch immer einem an kulinarischen Genüssen in den Sinn kommt, es lässt sich verwirklichen. Und wenn es noch so exotisch ist. Wahrscheinlich ist das ein Grund dafür, dass die Lieblingsessen vieler Menschen die Eigenschaft haben, dass sie von einer bestimmten Person gekocht werden müssen. Nur wenn die eigene Mutter (oder eine andere, konkrete Person) das Essen zubereitet, ist es so gut, wie in der Vorstellung oder Erinnerung. Die eigenen Versuche, oder die anderer Menschen, sich mithilfe des identischen Rezeptes an die Vorgabe anzunähern, scheitern hoffnungslos.

Das Lieblingsessen ist viel mehr als nur Nahrungsaufnahme, es ist ein Konglomerat aus Erinnerungen, Genüssen, Gefühlen und Vorstellungen. Die Situation, in der man es isst, die Menschen, die dabei sind, die Gespräche, die beim Essen geführt werden, sind fast genauso wichtig wie das Essen selbst.

Von daher ist es kein Wunder, dass viele Lieblingsessen solche Gerichte sind, die es in der Kindheit öfter oder zu besonderen Gelegenheiten gab. Auch wenn im Laufe der Zeit neue Leibgerichte hinzukommen, so merkt man doch zumeist erst nach einiger Zeit, dass es sich um solche handelt. Die verklärende Erinnerung scheint unverzichtbarer Bestandteil des Leibgerichtes zu sein.

Daneben hat natürlich jeder Mensch auch bestimmte Vorlieben, was er im Alltag gerne essen möchte. Der eine isst zum Frühstück lieber Müsli, der andere lieber Brötchen. Aber echte Leibgerichte werden beide wohl nie werden, dazu isst man sie einfach zu oft.

Leibspeisen und Abnehmen

Auch wenn es nicht zwangsläufig so sein muss, so haben die meisten Menschen doch kalorienreiche Leibgerichte. Man kann natürlich darüber spekulieren, warum das so ist, aber da man sich sein Leibgericht ohnehin nicht aktiv nach Vernunftgründen auswählen kann, muss man so oder so mit der Tatsache leben. Die meisten haben also das Problem, dass das Lieblingsessen irgendwie mit dem Abnehmwunsch kollidiert.

Es ist kein Ausweg, aktiv zu beschließen, dass ab jetzt rohe Möhren das Leibgericht sind. Es funktioniert nicht. In Sachen Lieblingsessen hilft nur Ehrlichkeit mit sich selber. Das gilt sowohl für die absoluten Lieblingsessen als auch für die im Alltag bevorzugten Nahrungsmittel und Gerichte.

Wenn man mal ehrlich festgestellt hat, welches wirklich das Leibgericht ist, welches die Gerichte sind, die man im Alltag bevorzugt, dann ist der Weg frei für einen vernünftigen Umgang mit den Wünschen nach dem Kalorienreichen. Einfach so zu tun, als gäbe es diese Wünsche nicht, ist keine Lösung.

Wer abnehmen möchte, stellt fast immer die Frage, was er essen sollte. Die Frage ist im Grunde falsch gestellt, besser und zielführender ist, danach zu fragen, was man essen möchte. Denn an seinen eigenen Vorlieben kommt man nicht vorbei, das sind Tatsachen.

Wenn man also ehrlich genug ist, sich einzugestehen, dass man sich wünscht, es möge das Leibgericht doch mal wieder geben, dann sollte man das auch einplanen. Diät hin oder her. Damit das Ganze angemessen gewürdigt wird, gehört natürlich sehr viel mehr zu dieser Planung als nur entsprechend einzukaufen und das Rezept nachzukochen.

Leibgerichte einplanen macht schlank

Diese Planung, wie man sein Lieblingsessen nicht nur einfach zu sich nehmen, sondern ihm auch einen würdigen Rahmen verschaffen kann, die ist ein wichtiger Schritt hin zu einer schlanken Linie. Auch wenn man während dieser Planung vermutlich an alles denken wird, nur nicht ans Abnehmen.

Am Beispiel der Leibgerichte lässt sich besonders gut veranschaulichen, dass Essen wichtig ist, ein elementarer Bestandteil des Lebens und des Alltags und eben auch des besonderen Tages. Essen ist Teil jeden Tages, besonderes Essen ist Teil jeden besonderen Tages. Was so wichtig ist, sollte auch wichtig genommen werden, nicht hektisch im Stehen mal eben runtergekippt werden.

Tatsächlich ist es so, dass die Vorstellung kommender Genüsse fast so gut, manchmal sogar besser ist als das Essen selber. Wer sich an Weihnachten in der Kindheit erinnert, der wird wissen, dass das Schönste immer die Vorfreude war. So ist es mit dem Lieblingsessen, oder überhaupt mit gutem Essen, auch. Wer sich drauf freuen kann, wer es über längere Zeit plant, der kommt während der Planungszeit, während der Wartezeit leichter ohne kalorienreiche Versuchungen aus. Das Wissen, dass es das Gute demnächst geben wird, die Vorstellung, wie schön das sein wird, ersetzt in der Zeit das Verlangen nach dem Besonderen. Das funktioniert tatsächlich. Man kommt über längere Zeit mit schlichtem, einfachem, auch kalorienarmem Essen aus. Gelegentlich mal das Lieblingsessen einzuplanen, macht also schlank. Jedenfalls gilt das für die Planung, ob es auch fürs Essen selber gilt, kommt drauf an, wie man isst.

Gutes Essen genießen

Wirklich gutes Essen, und darum handelt es sich beim Lieblingsessen ja zwangsläufig, sollte auch wirklich genossen werden. Also ganz in Ruhe gegessen werden, mit voller Konzentration auf den Genuss. Jeder einzelne Bissen sollte wirklich voll ausgekostet, geradezu zelebriert werden. Wer das tut, wird schnell feststellen, dass er recht schnell satt ist. Dass der volle Genuss garkeine riesige Portion erfordert, dass es im Gegenteil nach Eintritt der Sättigung garkeinen echten Spaß mehr macht, noch weiterzuessen.

Wer den Genuss verlängern möchte, der isst nicht mehr, sondern langsamer, mit mehr Pausen. Es dürfen also auch ruhig mehrere Gänge sein, solange die Gesamtmenge durch die Sättigung begrenzt wird.

Wenn das gute Essen dann vorbei ist, sollte man es ruhig im Gedächtnis behalten. Genauso, wie die Vorfreude den eigentlichen Genuss durchaus eine Zeitlang ersetzen kann, kann es die Erinnerung an das schöne Essen auch. Es ist also eine gute Idee, sich immer mal wieder dran zu erinnern, was man da letztens, oder auch letztes Jahr, zu den verschiedenen Festtagen und ähnlichen Ereignissen, oder auch nur beim letzten Besuch bei den Eltern Leckeres gegessen hat. Das erleichtert es ganz erheblich, im Alltag mit schlichtem, auch kalorienarmem Essen auszukommen.

Leibgerichte sind also in gewisser Weise die idealen Diätessen. Es kommt auf die Betrachtungsweise an. Wer Essen wichtig nimmt, wer sich wirklich an gutem Essen freut und es wirklich mit allen Sinnen genießt, der kann den Alltag viel leichter mit schlichtem, auch mit wenigem Essen überstehen, ohne das Gefühl, eisern verzichten zu müssen. Die Vorgehensweise ist hierbei natürlich sehr viel mehr auf Genuss orientiert, ist sehr viel lustbetonter. Das widerspricht natürlich den Überzeugungen vieler, die meinen, Abnehmen müsste schwer sein, müsste mit Disziplin und Verzicht erkauft werden.

Aber Abnehmen muss garnicht wehtun. Je leichter man es sich macht, umso besser sind die Chancen, dass man tatsächlich auf Dauer durchhält, dass man tatsächlich, wenn auch vielleicht etwas langsamer, sein Wunschgewicht erreicht und dann halten kann.

Für manchen, der vor lauter hektischem Alltag schon garnicht mehr weiß, welches Essen er wirklich gerne mag, kann die Besinnung auf die wirklichen Genüsse, die Erinnerung an wirklich gutes Essen, auch an schöne, vielleicht auch feierliche Mahlzeiten ein erster Schritt hin zur schlanken Linie sein. Zu mehr Genuss, mehr Lebensqualität führen solche Überlegungen in jedem Fall.

Man kann damit anfangen, dass man sich nochmal an die eigenen Lieblingsessen erinnert. Da wird einiges zusammenkommen, Erinnerungen aus der Kindheit, aber auch an besondere Essen zu erwachsenen Zeiten. Die verschiedenen Gerichte zu sortieren, sich an Geschichten und Menschen zu erinnern, die damit im Zusammenhang stehen, kann zum einen einfach schön sein, kann aber auch dabei helfen, das eigene Essverhalten nochmal auf den Prüfstand zu stellen. Mehr entspannter Genuss statt hektischem Reinschaufeln, das macht schlank. Was wäre dazu besser geeignet, als das absolute Lieblingsessen?

2 Kommentare

  1. Es ist mehr als vernünftig, während einer Diät innerhalb gewisser Regeln (natürlich) eine Leibspeise zu essen. Denn eine Diät soll einem ja zu einer Ernährungsumstellung verhelfen. Viele moderne Diäten planen dies auch so ein.
    Oft ist es dann aber so, dass vielen Menschen auf einmal die Leibspeise gar nicht mehr so gut schmeckt, wenn sie z.B. erfahren haben, was man alles aus gesunden Zutaten basteln kann.
    LG
    Sabienes

    • Vernünftig ist das, da hast du recht. Trotzdem machen es sehr viele nicht so. Versuchen stattdessen, noch eiserner zu sein, und landen dann in unangenehmen Rückfällen.

      Und dass einem die Leibspeise dann nicht mehr so gut schmeckt, das kommt vor, ist aber erfahrungsgemäß ein vorübergehender Effekt. Das kommt wieder, und da ist es besser, wenn man drauf vorbereitet ist. Abgesehen davon sind Leibspeisen garnicht so selten durchaus gesunde Sachen, gerade dann, wenn man sie seit der Kindheit kennt.

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Beitragsbild: Rachata Teyparsit/Shutterstock