Reicht Sport, oder muss man mehr tun?

Abnehmen: reicht Sport oder muss man mehr tun?
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6 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Wer abnehmen möchte, muss mehr Energie verbrauchen, als er zu sich nimmt. Das ist eine Binsenweisheit, die inzwischen jeder kennt. Es ergibt sich, dass es genau zwei Möglichkeiten gibt, dieses Ziel zu erreichen. Man kann weniger essen, als man verbraucht, oder man kann mehr verbrauchen, als man isst. Wer sich ungerne beim Essen einschränken möchte, hat die Möglichkeit, mit Sport und Bewegung seinen Energieverbrauch zu erhöhen und damit abzunehmen. Aber reicht das auch aus, um zuverlässig sein Gewicht zu reduzieren?

Die Antwort auf diese Frage ist gar nicht so einfach zu finden, sie ist ein klares Jein. Klar ist, dass jede Bewegung Energie verbraucht. Es ist also in jedem Fall gut fürs Abnehmen, sich zu bewegen, Sport zu machen. Damit sich das auch tatsächlich auf der Waage bemerkbar macht, muss man natürlich genügend Energie verbrauchen. Und, viel wichtiger, man darf nicht mehr essen als bisher. Was gar nicht so einfach zu realisieren ist.

Wie viel Energie verbraucht Sport?

Der Kalorienverbrauch der verschiedenen Sportarten ist in vielen Tabellen festgehalten, kann mit vielen Programmen und Apps berechnet werden. Man muss allerdings bedenken, dass nicht die Sportarten Kalorien verbrauchen, sondern die Sportler. Wer noch unfit ist, kann noch nicht so viel verbrennen, muss das erst lernen. Ein untrainierter Körper ist keine Hochleistungsmaschine. Die Angaben in den Tabellen sind also mit Vorsicht zu genießen, fast immer sind sie zu hoch. Auch vermeintlich exakte Messungen und Berechnungen sind bei genauer Betrachtung nichts anderes als grobe Schätzungen. Mit regelmäßigem Training lässt sich aber erreichen, dass man die für die jeweilige Sportart maximale Energiemenge verbraucht. Da muss man aber erst mal hinkommen, das ist nicht von Anfang an so. Aber es ist ein Ziel, das sich mit systematischem, regelmäßigem Training erreichen lässt. Es lohnt sich also, auch wenn man nicht erwarten sollte, dass es sich jetzt sofort auf der Waage bemerkbar macht.

Viele, die gerade mit Sport anfangen, überschätzen deshalb den möglichen Energieverbrauch. Die subjektive Anstrengung ist kein Maß für den Kalorienverbrauch einer sportlichen Betätigung. Wer (noch) unfit ist, muss sich enorm anstrengen, um die gleiche Menge an Kalorien zu verbrennen, die ein gut trainierter Sportler mal eben nebenbei umsetzt. Es tut gut, sich angestrengt zu haben, aber einen Freibrief für ungehemmtes Schlemmen hat man sich damit leider nicht erarbeitet. Und es ist auch Illusion, den Effekt des Trainings gleich auf der Waage begutachten zu wollen. Der Erfolg kommt mit der Zeit, auch wenn die Waage kurz nach dem Training manchmal sogar mehr anzeigt als vorher. Das hat keine weitere Bedeutung, jedenfalls ist es unmöglich, durch das Training Fett anzusetzen.

Die Orientierung am Kalorienverbrauch hat auch bei vielen Anfängern den Effekt, dass sie versuchen, so lange wie möglich zu trainieren und dabei ihre individuelle Leistungsfähigkeit nicht genügend berücksichtigen. Wer mehr trainiert als seiner aktuellen Fitness entspricht, der gerät in kurzer Zeit in einen Zustand der Erschöpfung, wird immer unfitter, statt sich zu verbessern. Das sollte man unbedingt vermeiden, auch wenn der Ehrgeiz manchmal größer ist als die eigene Fitness. Ohne ausreichende Regeneration geht es nicht.

In jedem Fall ist es sehr einfach, den zusätzlichen Energieverbrauch mal eben zusätzlich wieder zu essen. Oft merkt man es gar nicht. Wichtig ist vor allem, sich klar zu machen, dass es gar nicht so sehr auf die Zahlen ankommt. Viel wichtiger ist, regelmäßig etwas zu tun.

Gehts beim Sport nur um den Kalorienverbrauch?

Wer nur Sport macht um Kalorien zu verbrauchen, macht etwas falsch. Das Training wird keinen Spaß machen, wenn man die ganze Zeit nur auf die Kalorienanzeige starrt. Das ist auch gar nicht zielführend, es geht um etwas ganz anderes.

Sport im richtigen Maß, am besten mit einem Trainingsplan, führt zu einer schnellen Verbesserung der Leistungsfähigkeit, mit dem Ergebnis, dass man viel mehr Energie verbrauchen kann als im untrainierten Zustand.

Sport im richtigen Maß vergrößert die Muskelmasse, den Anteil an fettfreier Masse im Körper. Das sieht nicht nur gut aus, das verbraucht auch Energie. Ständig, auch in Ruhe, auch während man gerade auf dem Sofa sitzt. Für Anfänger gilt das bei jeder Sportart, nur Fortgeschrittene müssen Krafttraining machen, um diesen Effekt weiter genießen zu können. Selbst wenn man auf der Waage nichts sieht, wird man es am Körper sehen. Ein sportlicher Körper sieht einfach besser aus, egal, was die Waage sagt. Durch Sport kann man eine kleinere Kleidergröße bekommen, auch dann, wenn der Zeiger der Waage da bleibt, wo er war.

Sport im richtigen Maß verbessert die Stimmung, schafft gute Laune. Gut gelaunt ist es viel einfacher, unnötiges Essen zu vermeiden, das nein-Sagen fällt leichter. Das vermeidet auch Frustessen, was viel wichtiger ist als die gerade verbrauchten Kalorien. Wer Spaß am Sport hat, bleibt dabei, trainiert immer wieder. Was auf Dauer viel mehr Kalorien verbraucht als einmalige Extremleistungen und noch so heroische Quälereien.

Sport im richtigen Maß reguliert den Appetit. Man hat weniger Lust auf Süßes und Fettes, mehr Lust auf gesundes und nährstoffreiches Essen. Es fällt leichter, die richtige Menge zu essen, rechtzeitig aufzuhören. Die Wahrnehmung für Hunger und Sättigung, überhaupt für die Signale des Körpers, verbessert sich. Man kann Esslust besser von Hunger unterscheiden, es fällt leichter, nur dann zu essen, wenn man tatsächlich Essen braucht.

Welches ist das richtige Maß?

Alle die genannten Vorteile setzen Sport im richtigen Maß voraus, nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig. Wie findet man nun heraus, welches das für einen selbst richtige Maß ist?

Im Grunde sagt einem der Körper, wieviel Sport und Bewegung gut für ihn ist. Das Problem ist, dass Anfänger die Signale des Körpers oft missverstehen. Das andere Problem ist der Ehrgeiz.

Es gibt zwei Möglichkeiten. Man kann einen Trainingsplan für Anfänger verwenden, entweder einen fertigen oder einen, den ein Trainer für einen persönlich angefertigt hat. Oder man fängt klein an und hört auf seinen Körper. Letzeres ist in jedem Fall sinnvoll.

Wenn man seinen Ehrgeiz mal außen vor lässt, ist es nicht wirklich schwer. Man fängt einfach mal an. Man bewegt sich ein bisschen. Man geht eine Strecke, zum Beispiel. Am nächsten und am übernächsten Tag guckt man, wie es einem selbst geht. Wenn es einem gut geht, war es richtig, dann kann man beim nächsten Mal versuchen, etwas weiter oder schneller zu gehen. Wenn es einem nicht so gut geht, wenn etwas weh tut, wenn man sich vielleicht schlapp und müde fühlt, dann wartet man noch einen Tag und macht dan etwas weniger als beim ersten Versuch.

Wenn man mit Trainingsplan trainiert, geht es genauso. Man absolviert die erste Trainingseinheit. Dann guckt man, wie es einem damit geht. Der Plan ist kein Heiligtum, er kann verändert werden, wenn er nicht zu einem selbst passt. Er muss dann sogar verändert werden. Anfänger können sich erheblich entlasten, wenn sie sich in dieser ersten Phase von einem Trainer unterstützen lassen. Nachdem die ersten Unsicherheiten beseitigt sind, wird man merken, dass man es auch selbst kann.

Reicht Ausdauertraining, oder muss es auch Krafttraining sein?

Die meisten Anfänger beginnen mit der einen oder anderen Form von Ausdauertraining. Das ist sinnvoll. Aber viele stellen schon nach kurzer Zeit die Frage, ob das zum Abnehmen reicht, oder ob es auch Krafttraining sein sollte.

Tatsächlich ist es so, dass eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining die besten Erfolge zeitigt. Wenn man genügend Zeit zur Verfügung hat, ist es also sinnvoll, das Ausdauertraining durch ein Krafttraining, entweder an Geräten oder mit dem eigenen Körpergewicht, zu ergänzen. Je besser trainiert man bereits ist, umso wichtiger wird der zusätzliche Aspekt des Krafttrainings. Anfänger sollten erstmal ihre allgemeine Fitness verbessern und dann über die Feinheiten nachdenken.

Wie schafft man es, nicht mehr zu essen als bisher?

Sport verbraucht nicht nur Energie, Sport macht auch Appetit. Glücklicherweise richtet sich der Appetit nach sportlicher Betätigung mehr auf gesunde Lebensmittel als sonst. Durch Sport wird also die Umstellung der Ernährung einfacher. Dass es einfacher wird, bedeutet allerdings nicht, dass es von alleine passiert. Man muss schon darauf achten, was man tut.

Gerade für Anfänger ist es leicht, alle gerade eben verbrauchten Kalorien in einem kleinen Snack wieder zu sich zu nehmen. Ein Softdrink, ein (alkoholfreies) Bier, ein Eiweißshake, ein Riegel, was auch immer, was man vielleicht ohne den Sport nicht zu sich genommen hätte, und schon sind die mühsam verbrauchten Kalorien wieder da. Glücklicherweise bedeutet das nicht, dass das Training umsonst war. Die Verbesserung der Fitness gibt es trotzdem, und vielleicht verbessert es sogar die Regeneration.

Grundsätzlich ist es aber notwendig, zumindest ein bisschen auf die Ernährung zu achten, wenn man mit Sport abnehmen möchte. Denn auch wenn sich der Appetit in der Richtung verbessert, dass man mehr Lust auf Gesundes bekommt, so regelt der Körper doch von sich aus meistens die Energieaufnahme so ein, dass das Gewicht gehalten wird. Wer also nicht auf seine Ernährung achtet, wird vermutlich sein Gewicht halten. Schlanker wird er vermutlich trotzdem werden.

Meistens wird sich durch den Sport auch die Ernährung verändern. Zum einen wird sich der Appetit auf gesündere Nahrungsmittel richten, zum anderen wird allerdings in vielen Fällen zusätzlicher Zeitmangel nicht unbedingt dazu führen, dass die Ernährung auch tatsächlich besser wird.

Fazit

Sport hilft enorm beim Abnehmen. Aber nur Sport machen und sonst an nichts denken wird vermutlich nicht dazu führen, dass man sein Gewicht verringert. Fit wird man werden, das in jedem Fall. Fit zu sein ist eine gute Voraussetzung, um auch schlank zu werden, aber man kann fit und gesund und trotzdem (noch) dick sein.

Das ist auch gut an vielen gut trainierten Sportlern zu sehen, die trotz regelmäßigen Trainings mit einem Zuviel an Gewicht hadern. Man kann fit und trotzdem dick sein, auch wenn die meisten Fitten eher schlank sind. Wer dick und dabei fit ist, lebt nicht ungesund, wer schlank und unsportlich ist, schon. Die sportliche Betätigung lohnt sich also in jedem Fall.

Die Idee, man könnte durch den Sport zusätzliche Kalorien verbrauchen und bei gleicher Ernährungsweise also logischerweise abnehmen, erweist sich meistens als Theorie. Die Ernährung wird sich verändern, so oder so. Das bringt der Sport mit sich. Wer ein bisschen darauf achtet, was sich da wie verändert, kann gut abnehmen. Der Sport macht es einfacher, auf die Ernährung zu achten. Es ist also gar nicht so schlimm.

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Beitragsbild: Ljupco Smokovski/Shutterstock