Wer zum Frustessen neigt, kann oft selbst mit den vernünftigsten Abnehmmethoden nicht nennenswert Gewicht verlieren. Immer wieder kommt der Frust und damit das unkontrollierte Essen dazwischen. Es ist ein Hindernis, das zuerst aus dem Weg geräumt werden muss, bevor sinnvoll über Abnehmmethoden nachgedacht werden kann.
Die Lösung ist nicht eine noch strengere Diät, nicht noch mehr Disziplin und Durchhaltewillen, sondern die Beschäftigung mit dem Frustessen und die Suche nach Alternativen. Denn gegen das Frustessen kann man etwas tun. Das ist kein Schicksal.
Was ist Frustessen?
Frustessen ist eine Form des emotionalen Essens. Unangenehme Gefühle wie Frustration, aber auch Langeweile oder Ärger werden mit Essen kompensiert. Das bedeutet, dass man auch dann isst, wenn man gar keinen Hunger hat. Und das macht dick.
Frustesser bevorzugen Kalorienbomben. Was süß und fettig ist, erscheint im Frust attraktiv, lindert die Frustration am besten. Gleichzeitig ist die Hemmschwelle niedrig, die Kontrolle weitgehend ausgeschaltet, man isst also trotz besserem Wissen. Es nützt also nichts, sich vorzunehmen, nächstes Mal Möhren zu kauen. Man tut es dann doch nicht.
Während des Frustessens fühlt man sich kurzfristig besser, aber schnell setzt neuer Frust, gepaart mit schlechtem Gewissen, ein. Denn die Kalorienbomben machen dick, und Genuss ist auch anders. Es entsteht ein Teufelskreis.
Was tun gegen Frustessen?
In der Situation selbst kann man nicht viel machen, da muss man realistisch sein. Man kann versuchen, einen Moment inne zu halten, in der Hoffnung, dass das Verlangen nach Essen vorübergeht. Mit etwas Glück klappt das. Aber man sollte sich nicht noch zusätzlich ärgern, wenn es nicht klappt.
Denn die bessere Strategie ist, im Vorfeld etwas gegen das Frustessen und auch gegen den Frust zu unternehmen, das Frustessen also von vornherein zu vermeiden. Dafür zu sorgen, dass es möglichst kein nächstes Mal gibt. Oder zumindest nicht so oft wie bisher.
Frustessen vermeiden
Essen aus Frustration lässt sich vermeiden, wenn man anders mit der Frustration umgeht. Das ist ein längerer Lernprozess, auf den man sich einlassen muss und sollte, um auf Dauer das unkontrollierte Essen in frustrierenden Situationen hinter sich zu lassen.
Man muss erstmal hingucken, auch wenn es unangenehm ist. Erst wenn man hinguckt, kann man feststellen, in welchen Situationen genau das Frustessen auftritt. Und dann kann man zielgerichtet etwas dagegen tun.
Die Stationen des Lernprozesses
Frustessen tritt fast immer automatisch, oft unbemerkt auf. Ehe man sich versieht, hat man die Tafel Schokolade, den Burger, die Pizza oder die Schachtel Kekse verdrückt, ist es passiert, und man hat es nicht einmal richtig bemerkt.
Der erste Schritt ist, sich solche Gewohnheiten bewusst zu machen, also zu bemerken, wann und in welchen Situationen sie auftreten. Denn es handelt sich um Gewohnheiten, die man irgendwann mal gelernt hat, die man sich angewöhnt hat.
Gut ist auch, mal in der Erinnerung zu forschen, wann die letzten Frustessen-Anfälle aufgetreten sind und was da die Auslöser waren. Was ist vorher passiert, wie hat man sich gefühlt, wie war die Situation, in der es zum Frustessen gekommen ist? Wichtig sind vor allem solche Situationen, von denen man weiß, dass sie immer wieder auftreten.
Der nächste Schritt ist, sich zu überlegen, was man sonst noch tun könnte, wenn der Frust kommt. Essen führt dazu, dass es einem einen Moment lang besser geht, dass der Frust, die unangenehmen Gefühle einen Moment lang überdeckt werden. Man kann also nach Alternativen suchen, die ebenfalls die unangenehmen Gefühle überdecken, oder, besser, man kann nach Alternativen suchen, die die unangenehmen Gefühle, und vielleicht sogar die unangenehmen Situationen, beenden.
Dann macht man einen, zunächst vorläufigen, Plan. Man sucht sich eine der Alternativen, die einem eingefallen sind, aus, macht sich genau klar, was zu tun ist, und hat dann für die nächste Frust-Situation einen Handlungsplan vorbereitet, den man dann nur noch anwenden muss. Und wenn die Situation kommt, dann macht man es dieses Mal so. Gut vorbereitet klappt das. Ohne Vorbereitung wahrscheinlich nicht, oder jedenfalls nicht so gut.
Und dann guckt man, was passiert. Vielleicht funktioniert es, vielleicht geht die frustrierende Situation vorüber, ohne dass man unkontrolliert gegessen hat. Dann hat man im Grunde schon gewonnen.
Falls es nicht funktioniert, hilft auch wieder, genau hinzugucken. Was war gut, was war nicht so gut, was hat funktioniert und was nicht. Man entwickelt einen neuen Plan, und versucht es beim nächsten Mal damit. Auf die Weise wird man immer besser einschätzen können, was bei einem selbst funktioniert, und was nicht. Manches wird vielleicht nicht jedes Mal funktionieren, anderes erkennt man vielleicht als doch nicht sinnvoll. Jede Erfahrung, egal, wie sie ausgeht, ist aber nützlich, wenn es darum geht, den eigenen Handlungsplan zu verbessern und zu vervollkommnen.
Je länger man das praktiziert, je öfter man genau hinguckt und auf sich selbst, sein Essen und seine Gefühle achtet, umso bewusster wird man überhaupt mit Essen umgehen. Es wird immer seltener passieren, dass man sich etwas in den Mund geschoben hat, bevor man bemerkt hat, was da passiert. Das macht schlank.
Welche Alternativen gibt es?
Wenn man lange Zeit gegen Frust gegessen hat, dann fallen einem vielleicht zuerst gar keine Alternativen ein, dann hat man erstmal keine Ideen, was man sonst noch machen könnte. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.
Es lindert den Frust, wenn man sich etwas Gutes tut. Der Gedanke ist also, was tut gut, worüber könnte man sich freuen, was sind die angenehmen Dinge im Leben? Essen ist eins der angenehmen Dinge im Leben, und alles, was einem auf diese Fragen einfällt, kann genau wie das Essen die unangenehmen Gefühle, den Frust und den Ärger überdecken, in den Hintergrund schieben. Und damit das Frustessen überflüssig machen.
In diese Kategorie gehören Dinge wie ein Bad nehmen, eine Freundin anrufen, sich einen Tee kochen, sich vielleicht einfach mal entspannt hinzusetzen und die Augen zu schließen. Aber es ist eine persönliche Sache, was einem gut tut. Jeder muss für sich herausfinden, was gut ist und was nicht. Ausprobieren hilft. Wenn es nicht funktioniert, kann man beim nächsten Mal etwas anderes probieren, bis man das Richtige gefunden hat. Meistens hilft die Erfahrung weiter, man bekommt neue Ideen, wenn man mal mit dem Ausprobieren angefangen hat.
Manchmal tut es auch gut, sich abzureagieren. Sport oder allgemein körperliche Anstrengung helfen oft gegen den Frust, gegen die negativen Gefühle. Aber auch einfache Handlungen wie einmal die Treppe hoch und wieder runter rennen, oder einmal um den Block laufen, oder auch, ein Kissen mit aller Kraft gegen die Wand zu werfen, können gut helfen und sind immer besser als Frustessen. Wer einen Boxsack hat, kann den bearbeiten, auch Schattenboxen kann helfen, ansonsten sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Nur wer Schaden anrichtet, etwas kaputt macht im Versuch, sich abzureagieren, fängt sich meistens neuen Frust ein und landet dann wieder in Teufelskreisen.
Besser als sich abzulenken, indem man sich etwas Gutes tut oder sich abreagiert ist, sich etwas Gutes zu tun und dabei die unangenehme Situation zu beenden, den Frustauslöser zu beseitigen. Das ist schwieriger, aber sehr sinnvoll. Auch wenn man sich darüber im Klaren sein muss, dass es nicht immer geht.
In diese Kategorie gehören Dinge wie ein klärendes Gespräch mit dem Partner oder dem Arbeitskollegen, oder allgemein den Menschen, über den oder die man sich geärgert hat. Manchmal hilft auch ein Wutausbruch, beim Anderen ein Umdenken herbeizuführen. Allgemein gilt, wenn man sich über jemand anderen ärgert, wenn jemand Anderes der Auslöser der Frustration ist, dann hilft es am meisten, diesen Anderen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Denn das vermeidet die Wiederholung der Frustration in der Zukunft. Weil das natürlich nicht immer möglich ist, ist es trotzdem wichtig, sich etwas Gutes zu tun oder sich abzureagieren.
Wenn man sich ernsthaft mit der Frage der Frustvermeidung befasst, dann wird man im Laufe der Zeit auch lernen zu unterscheiden, was man ändern kann und was nicht. Wenn das Wetter Auslöser für Frust ist, dann kann man es nicht ändern, aber man kann sein eigenes Verhalten ändern, kann andere Sachen anziehen und braucht sich nicht mehr zu ärgern. Wenn der eigene Partner der Auslöser ist, wenn der Dinge tut, die man nicht möchte, dann kann man das zumindest zu ändern versuchen, indem man ein Gespräch führt und Überzeugungsarbeit leistet. Auch wenn die vielleicht nicht in jedem Fall gelingt, auch wenn man oft nicht alles, nur einen Kompromiss erreichen kann, so fühlt man sich doch besser, wenn man gesagt hat, was einen belastet. Das vermeidet Frust und damit eben auch Frustessen.
Muss es perfekt werden?
Wenn man anfängt, etwas gegen das Frustessen zu tun, dann fühlt man sich oft schon dadurch besser, dass man jetzt etwas tut, statt wie bisher passiv darauf zu warten, dass etwas passiert. Das ist eine wichtige Erfahrung. Eigene Aktivität, erstmal egal welche, hilft sehr effektiv gegen Frust, ist also wichtig beim Vermeiden von Frustessen. Aber man kann nicht alles ändern, kann nicht die Welt aus den Angeln heben. Man muss damit leben, dass man zwar Verbesserungen, aber keine perfekte Welt erreichen kann.
Das Streben nach Perfektion ist weit verbreitet. Wenn man mal angefangen hat, etwas zu tun, etwas zu ändern, dann soll es auch perfekt werden. Dieser Perfektionismus ist oft der Auslöser für den nächsten Frust, also nicht die Lösung des zugrundeliegenden Problemes. Besser ist, damit zufrieden zu sein, wenn sich etwas ändert, wenn man es geschafft hat, etwas anders zu machen als bisher und dadurch den einen oder anderen Frustessen-Anfall zu vermeiden. Wenn es dann doch nochmal vorkommt, ist das gar nicht so schlimm. Hauptsache, man bewegt sich in die richtige Richtung.
Wer sein Frustessen in den Griff bekommt, gewinnt auch oft noch mehr als nur die Reduzierung der Fressanfälle. Durch den bewussteren Umgang mit dem Essen wird es auch einfacher, im normalen Alltag, auch jenseits von Frust und schlechter Laune, besser entscheiden zu können, was und vor allem auch wieviel man jeweils essen möchte. Man lernt, mit weniger Essen zufrieden und satt zu sein, man lernt, besser auf sich zu achten, was sich positiv auf das Körpergewicht und das Wohlbefinden auswirkt und dadurch dann auch nochmal die eine oder andere Frustration vermeidet.
Wenn diese Hürde gemeistert ist, wird Abnehmen nicht nur möglich, sondern ganz einfach werden.
Super Beitrag! Die Ursachen für das Verhalten des Frustessens anzugehen, erscheint mir am sinnvollsten. Das ist sicherlich befreiender, als sich „schwer zu machen“. Bin gespannt…..