Haferflocken
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4 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Schon vor einiger Zeit habe ich in diesem Blog einen Artikel zu Haferflocken verfasst. Dieser Artikel erfreut sich nach wie vor eines regen Interesses.

Bei Durchsicht der Kommentare kommt es mir allerdings doch so vor, als sollte ich noch ein paar Ergänzungen anfügen.

Haferflocken sind ein weitgehend naturbelassenes Lebensmittel und als solches natürlich kein Favorit der Lebensmittelindustrie und ihrer Marketingabteilungen. Die Gewinnspanne und die Wahrscheinlichkeit, dass man dasselbe Produkt, vom selben Hersteller, wieder kauft, sind bei Industrieprodukten natürlich sehr viel größer. Denn die Industrieprodukte bieten den Herstellern ein paar Möglichkeiten, die die Naturprodukte nicht bieten. Haferflocken sind dagegen eben Haferflocken, egal welcher Firmenname die Packung ziert.

Industrieprodukte enthalten im allgemeinen Zusatzstoffe. Zusatzstoffe bieten nicht nur die Möglichkeit, Produkte länger haltbar zu machen, als sie es von Natur aus wären, nicht nur die Möglichkeit, aus billigen Zutaten ein teures Endprodukt zu kreieren, sie ermöglichen auch, im Konsumenten den Wunsch zu wecken, genau diesen Geschmack, dieses „Geschmackserlebnis“ wieder haben zu müssen, am liebsten sofort. Lebensmittel, die Zusatzstoffe enthalten, oder auch diese exakt komponierte Zucker-Fett-Mischung, die nicht nur in Süßigkeiten enthalten ist, machen quasi süchtig, man isst sie zu oft und man isst zu viel davon. Die natürliche Regulation der Essensmenge und -auswahl über Hunger, Sättigung und Appetit wird weitgehend außer Kraft gesetzt. Das ist gut für die Hersteller und schlecht für den Verbraucher, der davon wahrscheinlich dick und vielleicht sogar krank wird.

Haferflocken sind dagegen ein Beispiel für ein Naturprodukt, bei dem es wieder möglich ist, die Signale des eigenen Körpers, Hunger, Satt sein und Appetit, unverfälscht zu erkennen und als Leitschnur der eigenen Ernährung zu verwenden. Allerdings sind Haferflocken nicht das neueste Wundermittel.

Haferflocken sind kein Wundermittel

Es ist keineswegs so, dass man automatisch schlank wird, wenn man denn Haferflocken isst. Es ist auch nicht so, dass man mit Haferflocken besonders schnell abnehmen kann. Wer zu wenig isst, um möglichst schnell abzunehmen, der wird die Nachteile aller Diäten zu spüren bekommen, ob er nun Haferflocken isst oder nicht. Und es ist natürlich auch möglich, zu viele Haferflocken zu essen, oder die Haferflocken zusätzlich zu einer ansonsten schon ausreichenden Energieversorgung zu essen, was dann dazu führt, dass man mit Haferflocken auch zunehmen kann. Nicht zuletzt ist es möglich, ganz ohne Haferflocken abzunehmen. Wer sie also nicht mag, sollte sie sich nicht rein quälen.

Trotzdem sind die Haferflocken ein sehr gutes Lebensmittel, wenn man abnehmen möchte. Denn sie schaffen eine ganz wichtige Voraussetzung für einen wirklich dauerhaften Abnehmerfolg. Sie ermöglichen es, sich wieder an Hunger, Sättigung und dem eigenen Appetit zu orientieren, statt an Ernährungsplänen, Modeerscheinungen oder den Versuchungen der Lebensmittelindustrie. Diese Möglichkeit kann man nutzen oder auch nicht.

Wer die Chance nutzt, wer sich die Muße nimmt, in sich reinzuhören, der wird langfristig abnehmen und später sein Gewicht halten können. Wer stattdessen auf den schnellen Erfolg aus ist, wer hofft, das lästige Abnehmen möglichst bald hinter sich zu bringen, der hat eher schlechte Chancen auf dauerhaften Abnehmerfolg. Das gilt unabhängig davon, ob man jetzt Haferflocken isst oder nicht. Die guten Chancen kann man sich mit jeder Ernährungsweise, die auf naturbelassenen Produkten und Abwechslung aufbaut, schaffen. Bestimmte Lebensmittel sind nicht erforderlich, man kann und sollte sich von seinem Appetit und seinen Vorlieben leiten lassen.

Als Einstieg in eine bessere Ernährungsweise, in einen besseren Umgang mit dem eigenen Körper und seinen Signalen sind die Haferflocken allerdings besonders gut geeignet. Sie machen langanhaltend satt, sodass man das Gefühl der Sättigung wirklich bewusst erleben kann. Sie machen nicht „süchtig“, sodass man auch tatsächlich mit Essen aufhören kann, wenn man satt ist. Sie sind ehrlich, sie sind tatsächlich das, als was sie erscheinen. Eine Täuschung des Körpers durch Aromastoffe und ähnliches findet mit Haferflocken nicht statt. Sie bestehen tatsächlich aus Hafer, nicht aus etwas anderem mit Haferaroma.

Satt sein und die Folgen

Wer wirklich satt ist, kann leicht bis zur nächsten Mahlzeit warten, bevor er das nächste Mal etwas isst. Es sind also gar nicht die Haferflocken, die schlank machen, sondern die weggelassenen Zwischenmahlzeiten und Snacks. Der nicht stattfindende Heißhunger, die ausbleibende Gier.

Damit das so kommt, reicht es nicht aus, Haferflocken zu essen. Man muss auch genug Haferflocken essen. Wer sich eine möglichst kleine Portion abwiegt und sich einredet, dass das aber wirklich reichen muss, der macht eine Haferflockendiät. Mit allen Nachteilen, die Diäten nun mal so haben. Siehe oben.

Wer wirklich satt ist, kann erleben, wie die bisherigen Versuchungen nach und nach uninteressant werden. Das ist etwas völlig anderes, als diszipliniert zu verzichten. Den disziplinierten Verzicht kann man immer nur für eine begrenzte Zeit durchhalten, dann kommt das Bedürfnis nach allem, was kalorienreich, süß, fettig oder sonst wie unerwünscht ist, mit Macht zurück. Der Jo-Jo-Effekt hat auch etwas mit diesem Nachholbedarf zu tun. Es ist also eine gute Idee, dafür zu sorgen, dass es nichts nachzuholen gibt, weil man eben nicht verzichtet.

Wer sich an naturbelassenen Lebensmitteln satt isst, der wird bald den Unterschied zu den Industrieprodukten bemerken. Der wird Produkte, die nicht wirklich satt machen, sondern immer nur die Gier auf mehr davon befördern, bald ganz freiwillig meiden.

Veränderungen dieser Art brauchen Zeit. Man muss beobachten, ausprobieren und lernen. Wer also nur Haferflocken isst, weil irgendwo steht, dass die schlank machen sollen und dann nichts weiter tut, als auf das Wunder zu warten, der kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass es nicht eintreffen wird.

Haferflocken machen es leichter, Veränderungen und neue Denkweisen auszuprobieren und einzuführen. Aber das muss man selbst tun, die Haferflocken tun das nicht. Die machen nicht von alleine schlank, man muss sich selbst schlank machen.

7 Kommentare

  1. Ja, ich glaube, ich verstehe diese „Einschränkungen“ oder diesen Hinweis, dass Haferflocken kein Allheilmittel sind, denn es ist zu beobachten – ohne jemanden jetzt auf die Füße treten zu wollen – dass solche Tipps, wie eben die der Haferflocken, leicht missverstanden werden. Und nachher heißt es dann: „Wie, ich ernähre mich einseitig? Da steht doch, mit Haferflocken geht alles.“

    Man kann deinen Sätzen dazu (wieder) nichts hinzufügen, denn es ist alles gesagt, alles abgedeckt, man könnte es lediglich wiederholen. Die Chancen und Möglichkeiten, die Vorteile – aber auch die Einschränkungen. Und das finde ich gut so, denn persönlich nerven mich die oft im Internet lesbaren euphorischen Berichte vieler Gurus, die mit einem einzigen Produkt meinen, ein Allheilmittel für alle möglichen Probleme gefunden zu haben, bloß da es vielleicht bei ihnen, in ihrem speziellen Fall geholfen hatte.

    Quintessenz: Diese Einschränkungen sind vernünftig und müssen wohl sein, auch wenn ich die Flocken als ideal für mich [sic] entdeckt habe. Porridge gab es bereits in der Steinzeit, ich meine, was so lange als gut empfunden wird, das werden die Essens-Designer am Ende dann doch nicht verschwinden lassen können.

    • Ich hoffe doch, dass noch mehr Menschen die Flocken als ideal für sich entdecken.

      Die Einschränkungen sind die, die im Grunde für jedes Abnehmvorhaben gelten. Extreme helfen nicht wirklich, egal ob man jetzt die Ernährung völlig umkrempelt, überhaupt nichts mehr isst, exzessiv Sport treibt oder sonstige Maßnahmen zum Exzeß führt. Da kann man sich zwar im Moment geradezu heroisch fühlen, allerdings nur bis zum vorhersehbaren Ende der Aktion.

      Denn tatsächlich sind diese heroischen Extremvarianten der bequeme Versuch, sich selbst aus der Sache herauszuhalten. Die Haferflocken (oder was auch immer gerade gewählt wird) werden es richten, bedeutet ja auch, man selbst ist quasi unbeteiligt, braucht nicht über sich nachdenken, braucht nichts zu ändern. Nur die Diät durchstehen, was hoffentlich bald überstanden ist.

      Da allzu viele an diesem Denken verdienen, wird es wohl nicht so schnell aus der Welt verschwinden, fürchte ich.

  2. Finde die Ergänzung auch perfekt, da kommt der eigentliche Sinn wie es „richtig“ geht und man sich dauerhaft gut und gesund ernährt sehr gut rüber!

    Vielen dank dafür
    Sue

  3. Hallo Astrid,
    danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, den Wert der Haferflocken als Nahrungsmittel so ausführlich zu beleuchten. Ich habe bisher noch nie einen so objektiven, ehrlichen und fundierten Artikel über ein Nahrungsmittel im Netz entdeckt. Nicht nur die großen Lebensmittelkonzerne betreiben bewusst Desinformation auch die „kleinen“ Bio-Unternehmen übertreiben maßlos. Geld regiert die Welt!

    Als Kind wurde ich, wie fast alle Kinder, mit Haferflocken gefüttert. Aber dank des Fernsehens haben jetzt Hipp, Kellogs, Kindermilchschnitten etc. die ehrlichen Haferflocken verdrängt.
    Schön, dass es Querdenker wie Dich gibt. Dann besteht Hoffnung, dass es auch in 10 Jahren noch Haferflocken zu einem erschwinglichen Preis gibt.

    Gruß Joel

  4. Hallo, Astrid,
    du schreibst es reicht nicht aus, Haferflocken zu essen, man muss auch ausreichend davon essen: wieviel Gramm tägl. sind denn ausreichend?
    LG
    SABINE

    • Hallo Sabine,

      es kommt nicht auf die Grammzahl an, sondern darauf, dass man sich satt isst. Schön langsam und genussvoll essen, bis man satt ist, dann sofort aufhören. Das ist die richtige Grammzahl. Die ist bestimmt für Jeden anders. Und wahrscheinlich auch von Tag zu Tag unterschiedlich.

  5. Hallo Astrid,

    dank der Abnehmschule bin ich auf den richtigen „Abnehmweg“ gekommen.
    Ich hätte nie geglaubt das ich einmal ohne all die Süssigkeiten über den Tag kommen könnte.
    Doch es ist überhaupt nicht schwer. Ich esse nun regelmässig, meistens selbstgekochtes. Dabei gibt es keine Tabus: Fleich, Fett, Sahne… natürlich achte ich auch auf viel Gemüse und Ballaststoffe. Aber ich esse auch nur bis ich Satt bin. Danach gibt es keine Snacks bis zum nächsten Essen.
    Auf süße Getränke verzichte ich auch. Kleine Aussnahmen der Regel sind erlaubt.
    Morgens esse ich die berühmten Haferflocken mit Apfel und Wallnüssen. Lecker!
    Ich muss sagen das es für mich ein kleines Wunder war wie gut es mir auf einmal ohne alle diese Zuckerteile ging. Ich bin deutlich Leistungsfähiger und Vitaler. Als Ergänzung bewege ich mich nun jeden Tag mindestens eine Stunde (Schwimmen, Wandern oder Radfahren) Auch das trägt zum Wohlfühlen bei. Nach nun 50 Tagen wiege ich 5 Kg weniger ohne dabei in irgendeiner Form gelitten zu haben. Im Gegenteil! Es ging mir nie besser.
    Also, nochmal ein herzliches „Danke schön“ für diese ausführlichen, fundierten und noch dazu kostenlosen Tipps!

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