Abnehmkurs: Hindernisse beseitigen

Fußschmerzen stören beim Training
}
6 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Eigentlich ist es ganz einfach. Weniger essen als man verbraucht, und schon nimmt man ab. Allerdings scheint irgendetwas nicht zu stimmen mit dieser einfachen Formel, zu viele haben schon erfolglos versucht, sie umzusetzen.

In der Praxis tauchen die unterschiedlichsten Hindernisse auf, die der Umsetzung der einfachen Formel im Weg stehen. Die übliche Vorgehensweise, Augen zu und durch, hat sich leider nicht bewährt. Stattdessen ist es notwendig, die Hindernisse ernst zu nehmen und aktiv beiseite zu räumen. Ansonsten erweist sich der gewählte Weg allzuleicht als Sackgasse. Denn man muss bedenken, dass Abnehmen und Gewichthalten immer ein langfristiges Projekt ist. Man muss einfach lange Zeit, vielleicht für immer, mit der gewählten Lösung leben.

Grob kann man zwei Sorten von Abnehmhindernissen unterscheiden, die, die man sich selbst baut und die, die sozusagen schicksalhaft auftauchen oder schon immer da waren. Gegen beide Sorten gibt es aber Strategien, wie man sinnvoll damit umgehen kann, um doch noch den gewünschten Erfolg zu erzielen. Und letzten Endes ist es auch egal, in welche Kategorie das jeweilige Hindernis fällt, man muss es so oder so selbst aus dem Weg räumen. Nur weil man keine Schuld am Problem hat, löst es sich trotzdem nicht von alleine.

Zuviel auf einmal wollen

Ein Haupt-Abnehmhindernis ist übersteigerter Ehrgeiz. Wer alles auf einmal will, jetzt sofort, der wird für gewöhnlich scheitern. Dieses Problem äußert sich zum Beispiel darin, dass zuviel Sport getrieben wird, so dass es zu Muskelkater, Schmerzen und Verletzungen kommt. Jetzt eisern die Schmerzen zu ignorieren und weiterzutrainieren macht alles nur noch schlimmer. Je eher man einsieht, dass man sich übernommen hat, umso schneller wird die Zwangstrainingspause wieder vorüber sein.

In jedem Fall ist es besser, nicht gleich aufzugeben, sondern die Trainingspause zu nutzen, um zum einen die Verletzungen oder Schmerzen wirklich auszukurieren und zum anderen Informationen über sinnvolles, angepasstes Training zu sammeln. Um es beim nächsten Mal besser zu machen. Auskurieren bedeutet dabei nicht nur, eine Zeit lang nicht zu trainieren, sondern auch, sich den schmerzenden Körperteil mal tatsächlich anzusehen, ihn zu pflegen und zu behandeln.

Schmerzen in den Füßen zum Beispiel gehen in vielen Fällen nicht einfach von alleine weg. Manchmal helfen Einlagen, manchmal Fußgymnastik, manchmal findet man ganz andere Lösungen. In jedem Fall sollte man das Problem angehen, sich drum kümmern. Einfach wegzuschauen, zu glauben, dass sich das Problem von alleine lösen wird, wenn man erst schlank ist, funktioniert nicht. Denn auch wenn Schlanke seltener Fußprobleme haben, so wird man den weiten Weg bis zum Schlanksein nicht auf schmerzenden Füßen gehen können.

Zuwenig oder zu einseitiges Essen

Das Problem mit dem übersteigerten Ehrgeiz zeigt sich aber auch beim Essen, bei der Ernährung. Wer zuwenig isst, wird über kurz oder lang vom Heißhunger eingeholt werden, gewinnt also nur Frust, sonst nichts. Dasselbe gilt für einseitige Ernährungsformen, bei denen dem Körper Nährstoffe fehlen. Er wird sie sich holen, dagegen kommt man doch nicht an.

Oft werden vorhandene Diäten oder Ernährungsvorschriften nicht nur kritiklos übernommen, sondern auch noch in verschärfter Form angewendet. Es wird weniger gegessen als vorgesehen, eigentlich im Plan vorgesehene Ausnahmen werden nicht genutzt, wichtige Lebensmittel werden weggelassen. Zum Beispiel versuchen viele, die mit Weight Watchers abnehmen, das Wochenextra konsequent wegzulassen. Oder viele, die es mit Formula-Diäten wie zum Beispiel Almased versuchen, was ja unter einer langfristigen Perspektive sowieso schon problematisch ist, lassen auch noch das eigentlich notwendige Öl weg. Um ein paar wenige Kalorien einzusparen. Dass die essentiellen Fettsäuren im Öl eben genau das sind, essentiell, also lebensnotwendig, wird dabei vergessen. Heißhunger ist die Folge.

Der Heißhunger ist natürlich ein echtes Abnehmhindernis. Gegen den Anfall kann man im Moment erstmal nichts machen, das muss man aushalten. Danach nützt es überhaupt nichts, sich dafür zu bestrafen und jetzt noch weniger zu essen. Das führt in einen Teufelskreis, bereitet den nächsten Heißhungeranfall vor. Das Einzige was nützt ist, sich klarzumachen was passiert ist und etwas daraus zu lernen. Man kann einen Fressanfall nicht rückgängig machen, man kann nur den nächsten verhindern. Indem man einmal gemachte Fehler nicht wiederholt, indem man ab sofort genug und abwechslungsreich isst. Es ist nicht einfach, herauszufinden, wieviel genug, aber gleichzeitig nicht zuviel ist, aber wenn Heißhunger auftritt, sollte man den Gedanken in Erwägung ziehen, dass es vielleicht zuwenig war. Oder zuwenig von etwas Bestimmten. Zuwenig Kohlenhydrate führen häufig zu Heißhunger auf Süßes, zum Beispiel.

Sich selbst nicht mögen

Viele Übergewichtige haben das Problem, dass sie sich selbst oder zumindest ihren Körper nicht mögen. Das ist, entgegen der Intuition, ein Abnehmhindernis. Vielleicht entsteht aus der Ablehnung des eigenen Körpers die Motivation, ihn zu verändern, also abzunehmen. Aber aus dieser Ablehnung folgt auch eine Missachtung der Bedürfnisse des Körpers. Ein eingeschränktes Wohlbefinden ist die Folge. Dabei muss man sich wohlfühlen, um die Energie für alles das aufbringen zu können, was zum Abnehmen erforderlich ist.

Jeder Mensch hat nur diesen einen Körper. Es ist eine gute Idee, ihn zu pflegen, für ihn zu sorgen, ihn gut zu behandeln. Denn er muss einen jeden Tag durchs Leben tragen. Er muss eine riesige Zahl von Aufgaben erledigen, jeden Tag. Für die meisten davon ist es völlig egal, wie er aussieht.

Wenn man es also schon nicht schafft, das Aussehen seines Körpers zu mögen, dann kann man vielleicht mit der einfacheren Aufgabe anfangen, ihn für die großartigen Leistungen zu mögen, die er jeden Tag vollbringt. Auf keinen Fall darf man sich dafür bestrafen, dass man dick ist. Das macht nur noch dicker. Der zielführende Denkansatz ist vielmehr, sich und seinen Körper zu pflegen, damit er die anspruchsvolle Aufgabe des Abnehmens meistern kann.

Auf sich selbst achten, sich selbst und seinen Körper zu pflegen, hat viele Aspekte. Nicht darauf zu achten, ist ein Abnehmhindernis. Es gibt sehr viele davon.

Schlafmangel

Wer zuwenig schläft, tut sich nichts Gutes. Es macht schlecht gelaunt, mürrisch, unkonzentriert, müde und noch einiges andere mehr. Alles Dinge, die es schwer machen, ein schönes Leben zu haben, die es aber auch schwer machen, sich aufs Abnehmen zu konzentrieren. Hinzu kommt, dass die durch Schlafmangel hervorgerufene Müdigkeit häufig mit Hunger verwechselt wird. Das lässt sich durch vermehrte Ausschüttung des Hormons Ghrelin erklären. Betroffene versuchen also gegen die Müdigkeit anzuessen, ohne es zu merken. Das ist nicht nur ein Abnehmhindernis, das macht dick.

Stress

Stress hat ähnliche Auswirkungen wie Schlafmangel, beide treten ja auch oft gemeinsam auf, bedingen sich gegenseitig. Ganz viele versuchen, ihren Stress mit Essen, vor allem mit Süßem zu bekämpfen. Oft ohne es zu merken. Das ist auch ein Abnehmhindernis, das macht auch dick. Wenn man also feststellt, dass einem Schlafmangel und/oder Stress das Abnehmen erschweren oder unmöglich machen, dann hilft nur, diese Ursachen zu beseitigen. Erst wenn man wieder genug Schlaf bekommt und den Stress auf ein erträgliches Maß gesenkt hat, kann man wieder ans Abnehmen denken. Es ist wichtig, den ersten Schritt vor dem zweiten zu tun. Erst die Hindernisse aus dem Weg räumen, dann erst weitergehen. Wer versucht, gegen die Hindernisse anzurennen, bekommt nur noch mehr Stress, aber nicht die ersehnte Gewichtsreduktion.

Prioritäten

Wer sich jetzt fragt, wie das gehen soll, mehr schlafen und weniger Stress, der stellt die Frage nach den Prioritäten. Was ist wie wichtig, in welcher Reihenfolge? Wenn das Abnehmen tatsächlich am wichtigsten ist, dann wird es auch möglich sein, Zeit dafür zu haben, also auch für genügend Schlaf. Wenn man dagegen feststellt, dass die abendliche Stunde vor dem Fernseher wichtiger ist, dann ist das auch in Ordnung, aber dann kommt das Abnehmen eben erst weiter hinten auf der Prioritätenliste. Was bedeutet, dass es offenbar nicht so wichtig ist.

Selbst kochen

Wer nicht selbst kocht, macht sich das Abnehmen schwerer. Es ist einfach gut, genau zu wissen, was im Essen drin ist, und eben auch selbst entscheiden zu können, was man reintut und was nicht. Experimentieren mit den Zutaten, ausprobieren, was wie schmeckt, was wie auf Sättigung und benötigte Essensmenge wirkt, führt zu wichtigen Erkenntnissen. Wer darauf verzichtet, schafft sich ein Abnehmhindernis. Selbst kochen braucht Zeit. Wer die nicht hat, muss auch wieder die Frage nach den Prioritäten stellen. Wie wichtig ist das Abnehmen? Es gibt keinen Zwang, Abnehmen als das Wichtigste anzusehen, aber man sollte sich zum einen über seine eigenen Prioritäten, zum anderen über die Konsequenzen daraus im Klaren sein.

Durch kluge Essensauswahl kann man durchaus einiges kompensieren, man muss nicht jeden Tag selbst kochen und kann trotzdem abnehmen. Aber das selbstgekochte Essen macht vieles einfacher. Kochen kann man lernen, es ist keine Raketenwissenschaft.

Perfektionismus

Wenn schon abnehmen, dann auch richtig. Viele, die abnehmen wollen, meinen, wenn sie das schon machen, dann muss es aber auch perfekt sein. Wie an anderer Stelle schon geschrieben, ist das Streben nach Perfektion ein echtes Abnehmhindernis. Kein Mensch ist perfekt, wer Perfektion anstrebt, scheitert oft schon am ersten kleinen Missgeschick. Alle Menschen machen Fehler. Jeder Fehler ist natürlich unperfekt, aber trotzdem die optimale Chance, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Man sollte sie nutzen. Wer versucht, perfekt zu sein, verfällt beim ersten unvermeidbaren Fehler schnell in den „jetzt-ist-es-auch-egal“-Modus. Das ist sozusagen ein Abnehmhindernis im Eigenbau.

Neben diesen großen Hindernissen gibt es natürlich noch eine lange Liste von anderen Abnehmhindernissen, die den einen mehr, den anderen weniger stark betreffen. Mangel an Vitamin D, oder auch Mangel an Tageslicht, ist ein solches Hindernis. Regelmäßig rausgehen hilft, nur in schweren Fällen werden Medikamente benötigt. Wer ständig ein schlechtes Gewissen hat, schafft sich auch ein Abnehmhindernis. Es ist nicht ganz klar, wie es wirkt, aber Menschen, die mit gutem Gewissen genießen, sind schlanker als solche, die jeden Bissen mit schlechtem Gewissen reinschieben. Wenn Essen als Belohnung oder auch, wenn Verzicht auf Essen oder auch die sportliche Aktivität als Bestrafung verwendet werden, dann ist das ein Abnehmhindernis. Es wird sich immer ein Grund finden, um sich zu belohnen, wer dann jedesmal isst, wird dick. Man sollte andere Dinge finden, mit denen man sich belohnt. Am besten wäre, wenn gesundes Essen, wenn Sport und Bewegung einfach Spaß machen, ohne irgendwelche Hintergedanken. Das kann man erreichen.

Insgesamt ist es wie immer im Leben, es gibt viele Hindernisse. Wer dagegen anrennt, vergeudet seine Kräfte. Wer dagegen erst die Hindernisse beiseiteräumt, oder auch, wer die Hindernisse geschickt umgeht, der wird schneller ans Ziel kommen.

Zur zehnten Folge des Abnehmkurses: Vom Umgang mit Rückschlägen und Misserfolgen

3 Kommentare

  1. Liebe Frau Kurbjuweit,

    ich finde Ihre Texte sehr interessant und auch motivierend, ich versuche gerade einiges in meiner Ernährung zu ändern, obwohl ich mich immer tendenziell gesund ernährt habe (ich habe nicht sehr viel übrig für industrielle Fertignahrung und bin keine große Naschkatze). Mein Problem sind aber die Portionen, bzw. der Hunger. Ich habe jahrelang eigentlich 3 Mahlzeiten am Tag gegessen, beim warmen Essen auch gern mal 2 Portionen oder sogar noch mehr. Ich glaube, da liegt mein größtes Problem. Ich möchte auf jeden Fall nur einmal am Tag warm essen, meistens ist das eher Abends. Ich esse in letzter Zeit noch mehr Gemüse als vorher und mehr Vollkornprodukte. Das VK Brot macht auch deutlich länger satt als anderes, also der Abschnitt Frühstück-Mittagessen ist meistens in Ordnung. Aber nachmittags kriege ich manchmal so einen Hunger, dass ich snacke (ich versuche, Obst und Joghurt zu essen, oder Buttermilch zu trinken). Das macht mich nicht bis zum Abendessen satt und ich snacke erneut und habe insgesamt das Gefühl, mit all den gesunden Zwischensnacks den Überblick zu verlieren, was ich insgesamt gegessen habe…

    Haben Sie vielleicht einen Tipp, auch für ein „kaltes“ (oder muss das unbedingt sein, nur einmal am tag warm?) und lange satt machendes Mittagessen?

    Vielen Dank

    Katja

  2. Hallo Katja,

    ob Sie warm oder kalt essen, ist ganz egal, machen Sie das so, wie es Ihnen am besten schmeckt. Ansonsten hört sich das für mich so an, als ob Sie mittags nicht genug essen würden. Wenn Sie richtigen Hunger haben, dann hilft nur essen, sonst nichts. Sie können mittags mehr essen, oder, wenn Ihnen das besser passt, können Sie auch viermal am Tag essen, mit einer Mahlzeit am Nachmittag. Finden Sie heraus, was am besten zu Ihnen passt!

    Und, wie Sie selbst schon festgestellt haben, machen Ballaststoffe gut satt. Essen Sie doch mehr davon, die sind in fast allen naturbelassenen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.

  3. Hallo,

    sehr interessiert lese ich Ihre Seite, weil es endlich mal um das eigene Leben und den Unterschied zwischen Theorie und Praxis geht. Ich fühle mich jetzt nicht mehr versagermäßig, dass Gewicht halten bzw. Abnehmen bei mir nur mit Disziplin ging und immer, wenn dafür die Energie nicht zur Verfügung stand, es zurück auf Los hieß. Der Ansatz war einfach falsch. Danke für diesen Gedanken. Jetzt ist der Weg frei sich über neue Dinge Gedanken zu machen und unbewusst habe ich das eine oder andere schrittweise bereits geändert, z.B. mag ich fast keinen „echten “ Süßkram mehr, auch wenn ich z.B. manchmak stattdessen auf meine Frühstückshaferflocken dunkle Raspelschokolade tue.

    Zum eigentlichen Artikel: Manche Hindernisse lassen sich aber jetzt und hier nicht vollständig aus dem Weg räumen. Bei mir ist es der Schlafmangel. Ich habe zwei kleine Kinder. Natürlich könnte ich sie nachts brüllen lassen, aber nein…
    Aber kommt Zeit, kommt Rat und Durchschlafen und in der Zwischenzeit über ich mich halt im nicht zwischendurch essen, nicht immer die Reste der Kinder auf essen, freu mich über mein neues Hörsportabi und über die neu entdeckte Pomelo.

    Von daher, ich hab den Rest meines Lebens Zeit perfekt zu werden und bis dahin gehe ich hält drei Schritte vor und zwei zurück.

    Viele Grüße

    Marie

Noch ein paar Beiträge

Beitragsbild: Jo Panuwat D/Shutterstock